Raumkonzeptualisierungen in Weganweisungen

Sprecher: Renate Delucchi Danhier

 

Titel: Raumkonzeptualisierungen in Weganweisungen von deutsch- und spanisch-sprechende Muttersprachlern

 

Abstract:

Weganweisungen sind eine komplexe linguistische Aufgabe, welche die Konzeptualisierung von Bewegungsereignisse und der Beschreibung des Raumes kombiniert. Vorangehende Forschungsergebnisse zeigten, dass Sprecher unterschiedlicher Sprachen bei der Versprachlichung von Bewegungsereignisse unterschiedliche Teilabschnitte der Strecke enkodieren, was teilweise von den grammatischen Mitteln abhängt, die in der jeweiligen Sprache zur Verfügung stehen (vgl. Stutterheim & Nüse, 2003). Eine andere Forschungslinie innerhalb der Raumkognition beschäftig sich mit den Beschränkungen, die Sprachen hinsichtlich der Art und Organisation der vom Sprecher wiederzugebenden Informationen mit sich bringen (Slobin 1991), was mit sprachspezifischen Lexikalisierungsmustern in Verbindung gebracht werden kann (Talmy, 1988). Diese sprachspezifischen Beschränkungen können auf strukturelle Unterschiede der Grammatik oder des Lexikons zwischen den Sprachen zurückgeführt werden.

In dieser Studie wird untersucht, ob diese bisherigen Ergebnisse auch bei Weganweisungen wiederzufinden sind. Um dies zu überprüfen werden Weganweisungen von deutsch- und spanischsprechenden Muttersprachler verglichen.

Dafür wurde ein Korpus von Weganweisungen verwendet, der in einer kontrollierten experimentellen Umgebung erhoben wurde: die Probanden wurden gebeten, einer ortsunkundigen Person schriftlich Weganweisungen zu geben, so dass diese Person durch eine festgelegte Route zum Ziel finden kann.

Ziel der Studie ist es zu bestimmen, in wie weit typologische Unterschiede zwischen den Sprachen auf der lexikalischen und grammatikalischen Ebene auch zu unterschiedlichen Raumkonzeptualisierungen führen. Es wurde untersucht, welche Art von Informationen für die linguistische Kodierung selektiert wird und durch welche linguistischen Mittel und Strukturen diese Informationen kodiert werden. Dabei wurde spezieller Wert auf die Verbsemantik,  die Lexikalisierungsmustern und die Konzepte, die für die sprachliche Beschreibung verwendet werden, gelegt. Dabei wird auch untersucht, in welche Teilstrecken der Weg segmentiert wird und welche Perspektive hierbei eingenommen wird.

Es werden Ergebnisse präsentiert, die zeigen, dass spanische und deutsche Muttersprachler unterschiedliche Tendenzen bei der Wahl der verschiedenen räumlichen Konzepte aufweisen, um die Strecke zu beschreiben, auch wenn ihnen in beiden Sprachen beide Optionen zur Verfügung stünden.

 

 

Slobin, D. (2003). Language and thought online: Cognitive consequences of linguistic

relativity. In D. Gentner & S. Goldin-Meadow (eds.), Language in mind: advances in

the investigation of language and thought, pp. 157-191. Cambridge, Mass.: MIT Press.

 

Stutterheim, C. von & Nüse, R. (2003). Processes of conceptualisation in language

production: Language-specific perspectives and event construal. Linguistics

(special issue: Perspectives in language production), 41, pp. 851-881. 

 

Talmy, L. (1988). The relation of grammar to cognition. In B. Rudzka-Ostyn (ed.),

Topics in cognitive linguistics, pp. 165-205. Amsterdam: Benjamins.