Konzeptualisierung des Weges - Versprachlichung von Bewegungsereignissen

Sprecher: Gifta Martial


Titel: Konzeptualisierung des Weges - Versprachlichung von Bewegungsereignissen durch L2-Lerner des Englischen mit deutscher Muttersprache

 

Frühere Studien haben gezeigt, dass die Unterschiede, die in verschiedenen Sprachen bei der Konzeptualisierung von Bewegungsereignissen auftreten, auf typologisch-strukturelle Unterschiede zurückzuführen sind: z.B. welche Art von Information in den Verben der jeweiligen Sprachen ausgedrückt werden (vgl. Talmy 1988) oder welche grammatischen Mittel in einer Sprache zur Verfügung stehen, um den Verlauf eines Ereignisses zu beschreiben. Experimentelle Studien, die die Konzeptualisierung von einzelnen zielorientierten Bewegungsereignissen untersuchen, zeigen, dass Muttersprachler des Englischen (einer Sprache mit grammatikalisiertem progressivem Aspekt) sich auf den path (Weg) fokussieren und somit auf den Verlauf des Bewegungsereignisses. Muttersprachler des Deutschen hingegen (einer Sprache ohne progressivem Aspekt) legen den Fokus auf den Endpunkt eines Bewegungsereignisses (vgl. von Stutterheim & Nüse, 2003; Carroll, von Stutterheim & Nüse 2004). Diese Thematik wird in der vorliegenden Studie aufgegriffen und mit einem speziellen Blick auf L2-Lerner eingehender betrachtet.

Zunächst wird untersucht, welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten bei der Versprachlichung von Bewegungsereignissen auf Textebene durch englische und deutsche Muttersprachler gibt. Es handelt sich bei den Texten um Nacherzählungen eines Stummfilms (Modern Times) aus einem Korpus des Instituts für Deutsch als Fremdsprachenphilologie. Der Fokus dieser Analyse liegt auf die Wahl der Perspektive und die Segmentierung einzelner Wege. Anschließend wird in der Lernersprache untersucht, wie Bewegungsereignisse versprachlicht werden, und ob eventuelle Unterschiede zwischen L1 Englisch und L2 Deutsch-Englisch durch den Einfluss des deutschen zu erklären sind. Die Daten der Fremdsprachenlerner werden im Rahmen dieser Studie erhoben. Wie andere Studien zuvor, für weniger komplexe Einzelereignisse, schon gezeigt haben, wird erwartet, dass bei der Analyse der Bewegungsereignisse in Nacherzählungen ein deutlicher Unterschied zwischen der Versprachlichung von Bewegungsereignissen im Deutschen und im Englischen sichtbar wird. Bei der Analyse der Lernerdaten wird erwartet, dass es wegen des Einflusses der Muttersprache zu einer zielsprachlich untypischen Versprachlichung der Bewegungsereignisse kommen könnte.

Bibliographie:

Carroll, M., Stutterheim, C. v. & Nüse, R. (2004). The language and thought debate: a psycholinguistic approach. In C. Habel & T. Pechmann (eds.), Approaches to language production, pp. 183–218. Berlin: de Gruyter.

Stutterheim, C. von & Nüse, R. (2003). Processes of conceptualisation in language production: Language-specific perspectives and event construal. Linguistics (special issue: Perspectives in language production), 41, pp. 851-881.  

Talmy, L. (1988). The relation of grammar to cognition. In B. Rudzka-Ostyn (ed.), Topics in cognitive linguistics, pp. 165-205. Amsterdam: Benjamins.