Beobachtungen zur Textstrukturierung

Sprecher: Tiziana Roncoroni

 

Titel: Beobachtungen zur Textstrukturierung in auf Deutsch verfassten Seminararbeiten italophoner Studierender

 

Abstract:

Forschungsfrage

Wie strukturieren italophone Studierende ihre Seminararbeiten auf Deutsch? Sind hauptsächlich italienische oder zielsprachige Muster zu erkennen?

 

Methode

Methodisch liegen dieser Studie zwei unterschiedliche, jedoch m.E. miteinander vereinbare Ansätze zugrunde: (1) Im psycholinguistischen Sinne wird davon ausgegangen, dass die Konzeptualisierung eines Textes bereits sprachspezifisch ist (Slobins thinking for speaking); (2) funktional-pragmatisch wird die Erkenntnis weitergeführt, dass Sprechhandlungsmuster und die sprachlichen Mittel zu ihrer Realisierung sprach- und kulturspezifisch sind.

Zur Beantwortung der o.g. Fragen wird wie folgt vorgegangen:

(1) Beschreibung der sprachspezifischen Präferenzen zur Textstrukturierung in v.a. deutschen wissenschaftlichen Artikeln anhand von bereits vorliegenden Studien.

(2) Empirische Bestimmung (Korpus-Analyse) der Merkmale der Textstrukturierung in studentischen Arbeiten (L1 Italienisch, Zielsprache Deutsch), die Aufschluss über die räumliche oder zeitliche Konzeptualisierung des Textes geben.

Analysiert werden Gliederungssignale und z.T. Textkommentierungen.

 

Erste Ergebnisse

In deutschen wissenschaftlichen Artikeln scheinen textinterne Verweise seltener zu sein als Verweise auf den abgerufenen abstrakten Wissensraum. Dieser wird meist räumlich konzeptualisiert, was sich in der starken Raummetaphorik der deutschen Alltäglichen Wissenschaftssprache – vgl. Sprechhandlungsverben wie „herausstellen“ – niederschlägt. Der konkrete Text scheint aber eher zeitlich strukturiert zu werden: Der Leser wird in den chronologischen Prozess der Textstrukturierung involviert, der auch oft in textkommentierenden Passagen thematisiert wird. Häufig werden unmittelbare Sprechhandlungen angekündigt, und es kommt kaum zu Wiederaufnahmen.

Die deutschen Arbeiten italophoner Studierender weisen zwar auch eine hauptsächlich zeitliche, aber nicht unbedingt chronologische Strukturierung auf. Oft sind die angekündigten Sprechhandlungen nicht unmittelbar – meistens im Futur I ausgedrückt –, und es finden sich oft Wiederaufnahmen.

Auf der kognitiven Ebene scheinen also eher Strategien der L1-Wissenschaftspraxis/L1-Präferenzen übernommen zu werden – anders als bei rein sprachlichen Aspekten.